„In diesem Bett starb König Ludwig der IV. und hier wurde das Zeremoniell des morgendlichen Aufstehens durch seiner Nachfolger fortgeführt, obwohl Ludwig der V. und VI. dann gar nicht mehr hier schliefen.“ Dicht gedrängt stehen die Besucher des Schlosses von Versailles in den königlichen Gemächern und schieben sich gegenseitig von Raum zu Raum. „Hier wurden die Versailler Verträge unterschrieben“ berichtet die Fremdenführerin. Man befindet sich im Spiegelsaal, das Gedränge hat sich etwas entspannt. Z.Z. besuchen 24.000 Besucher täglich den Prunkbau und seine Gärten und 37 Jugendliche aus dem Landkreis Uelzen sind heute darunter. Ihr erster „Zeitreise“-Ausflug – so das Thema des diesjährigen deutsch-französischen Jugendaustausches des Landkreis Uelzen – hat sie hierher geführt. Die Sonne haben sie mitgebracht und auch der Nachmittag im Schlossgarten ist angenehm zu verbringen.
Das Wetter bleibt treu, in der Partnerregion um Rouen und so kann auch eine Mittagspause mit Blick über Seine und eines der berühmtesten Burgen Frankreichs genossen werden. Heute ist das Chateau Gaillard nur noch eine Ruine, doch die Ausmaße und die strategisch gewählte Lage der Festung von Richard Löwenherz lassen sich noch erahnen. Auf der einen Seite die gut einsehbare Hochebene, auf der anderen Seite die steil abfallenden Sandsteinklippen zur Seine.
Für die Eltern- und Großeltern noch als jüngere Geschichte durchgehend, für die Jugendlichen nun auch schon „letztes Jahrhundert“, führte ein Osterausflug der deutschen und französischen Gruppe an die Küste des Ärmelkanals, wo sie gemeinsam eine Nacht in einer Jugendherberge verbringen und sich zur Abwechslung auch einmal am Strand austoben können.
In Arromanches erfahren die Gruppen, wie es den Alliierten zum Ende des zweiten Weltkrieges gelang, die Stellungen der deutschen Besatzer an der Küste des Ärmelkanals zu übernehmen. Ein anschauliches Museum erklärt multimedial, welche logistische Leistung mit den künstliche aufgebauten Häfen dafür vollbracht wurde, aber auch welche Opfer dieser Krieg gefordert hat. Anschließend führen Spaziergänge durch noch bestehende Bunkeranlagen des Atlantikwalls, eine Kraterlandschaft lässt die Situation der hier angegriffenen deutschen Besatzer erahnen. So recht wollen für manche diese Erinnerungen nicht mit der wunderschönen Landschaft und dem Ausblick über das strahlende Meer zusammen passen. Die Bunker- und Kraterlandschaft wird von vielen Kindern und Jugendlichen zum ausgelassenen Toben und Klettern genutzt – sie dürfen sich daran freuen in Frieden aufwachsen zu könnnen. Dennoch – wenn vielleicht auch nur am Rande – sie nehmen etwas von der Geschichte dieses Ortes auf, etwas, auf das sie zurückgreifen könn
en, wenn die Zeit dafür ist. So auch die Eindrücke, die sie am Folgetag auf einem de
utschen Soldatenfriedhof (La Cambe) gewinnen. Sie erfahren, wie viele Menschen in den Schlachten der Normandie ihr Leben lassen mussten, manchmal erst 17 Jahre alte Soldaten, vielleicht sogar eigene Vorfahren, mancher findet seinen Familiennahmen im Namenbuch der Gedenkstätte. Interessiert wird auch wahrgenommen, dass nicht nur deutsche Organisationen, sondern auch Veteranenvereine der ehemaligen Gegner an der Gedenkstätte ihre Ehre erweisen. So wie auch die französischen Jugendlichen gemeinsam mit ihren deutschen Partnern eine Blume niederlegen
Schnell gelingt zwischendurch die Rückreise in die Gegenwart für ein kurzes Picknick, dann geht es in die Vorgeschichte – Paläozoikum, Dinosaurier, Fossilien, Zeitmessung – der Kopf schwirrt vor Informationen, die in eine umfangreiche Ausstellung erkundet werden können. Damit findet der gemeinsame Ausflug der beiden Gruppen zunächst sein Ende.
Zwei Tage sollen nun in den Gastfamilien verbracht werden, auch die Betreuer der Gruppe haben nun etwas Zeit, auf ihre Gastgeber einzugehen. Solange es keine größeren Probleme gibt, und das ist nicht der Fall.
Mehr oder weniger gut erholt treffen sich am Abreisetag nochmal alle Teilnehmer zur Besichtigung des XXL Panorama „Rouen 1431“. Wer vorher noch skeptisch war, ist nach dem Besuch sicher überzeugt: eine beeindruckende Darstellung der mittelalterlichen Stadt mit geschichtlichen Details zu Johanna von Orléans, den Jugendlichen schon besser bekannt als Jeanne d’Arc. Sie wurde seinerzeit in Rouen zum Tode durch den Scheiterhaufen verurteilt und auch dort hingerichtet. Nach dem Besuch des Panoramas können die französischen Gastgeber ihren Partnern die Stadt heute mit ihren geschichtlichen Spuren zeigen.
Für die Betreuer auffällig: anders als in anderen Jahren bleiben sich die Austauschpartner überwiegend „treu“, eine wiederum gelungener gemeinsamer Tag, der mit viel Tränen und Abschiedsumarmungen am Abend dann zu Ende geht, als sich die deutsche Reisegruppe mit ihrem Lieblingsbusfahrer wieder auf den Weg in die tatsächlich kalte Heimat macht.